Wissenschaftlich arbeiten mit Google

Geht wissenschaftliches Arbeiten mit Google oder geht dies nicht? Diese Frage stellt sich insbesondere, weil Informationen zusehends gefiltert werden.

TL;DR

  • Google passt seine Suchergebnisse dem Nutzer an
  • wissenschaftliche Recherche bedarf einer großen Bandbreite an Meinungen
  • Wie passen personalisierte Suchergebnisse zu einer neutralen und unvoreingenommenen Recherche?

Gefilterte Suche

Wie ich bereits schon in meinem vorherigen Beitrag „Risiken der ökonomisierten Serendipität“ beschrieben habe, ist Zufälligkeit in Bezug auf Dienste, die im Internet bereitgestellt werden nur symbolisch zu sehen.

Pariser hat, um dies zu verdeutlichen, den Begriff der „Filter-Bubble“ (vgl. Pariser 2012) geformt, auf den auch Stampfl mit ihrem Verständnis einer vorsortierten Welt (vgl. Stampfl 2013, S. 79) aufbaute. Freilich muss die Menge an Informationen, die im Internet kursieren, irgendwie entworren und verständlich dargestellt werden. Nun ist es jedoch der Fall, dass durch Googles „Interpretation“ eines möglichen Interessensgebiets des Suchenden Informationen vorenthalten werden, die für eine einigermaßen neutrale Perspektive auf das Forschungsgebiet notwendig sind. In Bezug auf den „Alltagssucher“, der Katzenbilder sucht oder sich für das Kinoprogramm von Morgen interessiert, mag die Annahme von Googles CEO Eric Schmidt zutreffen:  „I actually think most people don’t want Google to answer their questions,“ he elaborates. „They want Google to tell them what they should be doing next.“ (vgl. Google and the Search for the Future).

Wie soll wissenschaftliches Arbeiten damit funktionieren?

Wie soll aber mit einem Werkzeug geforscht werden, welches dem Nutzer vorgibt, was er zu tun hat? Der Ausspruch „Glaube an keine Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ gewinnt unter diesem Aspekt an einer völlig neuen Qualität, wenn er in den Folgenden umgekehrt wird: „Glaube an keine Statistik, die Google dir nicht vorgegeben hat“. Irgendwie passen die Puzzleteile hier nicht zusammen. Forschen mit Googles Hilfe löst sich daher in einer „Hot-Air-Bubble“ auf.

Pariser, Eli (2012). Filter Bubble : wie wir im Internet entmündigt werden. München: Hanser. ISBN : 978-3-446-43034-1.
Stampfl, Nora S. (2013). Die Berechnete Welt: Leben unter dem Einfluss von Algorithmen. Hannover: Heise. ISBN : 978-3-944099-03-3.

Risiken der ökonomisierten Serendipität

Wenn der Zufall für wirtschaftliche Interessen instrumentalisiert wird und wir uns darauf einlassen, wird uns ein Stück unserer Selbst genommen.

TL;DR

  • es gibt (persönliche) Wertschöpfungen aus Zufällen – die Serendipität
  • Unternehmen, wie Google „ökonomisieren den Zufall“ – er ist nun gemünzt auf einen Nutzer und nicht mehr völlig zufällig
  • Ein nicht mehr gänzlich zufälliger Zufall begrenzt unseren Horizont

Was ist Serendipität?

Serendipität ist die (persönliche) Wertschöpfung aus dem Zufall. So kurz erklärt klingt der Begriff, den ich im Rahmen der Recherchen zu meiner Masterarbeit entdeckte, sicherlich noch etwas kryptisch. Also ein Beispiel:

Ein Buchliebhaber geht gern in Bücherläden, um sich Bücher zu kaufen, das ist klar. An Tagen, an denen er mehr Zeit mitbringt stöbert er durch die Regale, um „Schätze“ ausfindig zu machen. Sobald er zwischen der schier endlosen Zahl an Buchrücken und -covern ein Buch entdeckt welches er schon immer gesucht hat, um die Lücke in der heimischen Bibliothek zu füllen, die dort schon seit Jahren klafft, hat die Serendipität zugeschlagen.

Serendipität ist damit ein entscheidender Bestandteil von Subjektivität, er zeichnet jeden einzelnen Menschen, wen auch in einer unterschwelligen Art und Weise, aus. Ohne Serendipität würde sich sicherlich auch kein Liebespaar finden.

Im Rahmen der Erwachsenenbildung träumt sicherlich jeder Erwachsenenbildner von einem solchen Effekt, der sich in einer Art positiver Irritation niederschlägt und Begeisterung beim Teilnehmer auslöst.

Die Ökonomisierung der Serendipität

Nun ist es leider so, dass der wunderbare Zufall durch diverse technologische Entwicklungen wie eine Goldgrube versucht wird auszubeuten. „I actually think most people don’t want Google to answer their questions, […] They want Google to tell them what they should be doing next“  (vgl. Holman 2010). Es soll nun nicht mehr alleinig auf dem Zufall beruhen, das passende Suchergebnis auf Google zu erhalten. Ich bin mal gespannt, wie lang der „Google-Suche“-Button noch erhalten bleibt, bis er vollständig durch den „direkt zur gesuchten Seite weiterleiten“-Button ersetzt wird. Dafür sind jede Menge Informationen erforderlich, die Google bereits heute beginnt zu akqurieren. Damit könnte auch Amazon bereits vor dem Klick auf „Kaufen“, beginnen binnen 30 Minuten die Waren auszuliefern (vgl. Menn 2013). Jedenfalls wird durch das „Mitdenken“ der Suchmaschine das Sichtfeld für den Suchenden stark eingeschränkt, was Eli Pariser mit „Filter-Bubble“ betitelt (vgl. Pariser 2012). Es werden nur noch Fundstücke angezeigt, die dem Suchenden potentiell wertvoll sein könnten. Bereits heute erhalten zwei verschiedene Personen (vorausgesetzt selbstverständlich an verschiedenen WAN-Adressen zur Trennung der zugeordneten Suchverhalten) unterschiedliche Suchergebnisse des Suchanbieters Google.

Wie Pariser bereits ausführt, und Stampfl (vgl. Stampfl 2013) weiter denkt, führt eine solche individualisierte Informationsbasis zu getrennten Welten der Wahrnehmung. Und die Serendipität geht im wahrsten Sinne des Wortes baden, wenn der Zufall kein Zufall mehr ist, sondern vielmehr ein Spielzeug der nach hohen Gewinnen lechzenden Unternehmen.

Holman, W. Jenkins Jr. (2010). „Google and the Search for the Future“. In: The Wall Street
Journal. zuletzt abgerufen am 10.06.2015. URL : http://www.wsj.com/articles/SB10001424052748704901104575423294099527212

Menn, Andreas und Meike Lorenzen (2013). „Wie realistisch Amazons Drohnenflug ist„. In: Golem.de. zuletzt abgerufen am 09.07.2015. URL: http://www.golem.de/news/amazon-prime-air-wie-realistisch-amazons-drohnenflug-wirklich-ist-1312-103082.html

Pariser, Eli (2012). Filter Bubble : wie wir im Internet entmündigt werden. München: Hanser. ISBN : 978-3-446-43034-1.

Stampfl, Nora S. (2013). Die Berechnete Welt: Leben unter dem Einfluss von Algorithmen. Hannover: Heise. ISBN : 978-3-944099-03-3

Zeichen setzen für Weiter-/Bildungsmöglichkeiten im Landkreis Bamberg

Denke ich an den 09.05.2015, so denke ich an das Lernfest der VHS Bamberg-Land in Scheßlitz. Diese Veranstaltung sollte auch eine Art Tag-der-offenen-Tür der Erwachsenenbildungsinstitution sein.

TL;DR

  • persönliche und stete Weiterbildung ist eine Notwendigkeit
  • Weiterbildungsangebote gibt es überall
  • die VHSen sind prominente und für jeden zugängliche Plattformen für diesen Zweck

Das Lernfest in Scheßlitz

Joachim Schön (Leiter der VHS Bamberg-Land), Roland Kauper (Bürgermeister der Stadt Scheßlitz), Ralf Motel (Leiter der Realschule Scheßlitz) und Johann Kalb (Landrat) hießen die Besucher herzlich Willkommen. Die Veranstaltung zeigte das breite Spektrum der Leistungen und Kursangebote der VHS. Neben der Vorstellung von Kursangeboten gab es auch jede Menge Möglichkeiten, sich selbst auszuprobieren.

Verortung der Veranstaltung im erwachsenenbildnerischen Kontext

Die Begrüßungsredner verorteten die Veranstaltung unter der Thematik des non-formalen, informellen und lebenslangen Lernens. Immer mehr werden wir in unserer Erwachsenenwelt damit konfrontiert, uns weiterbilden zu müssen. Und das ohne den regulierten, formellen Bildungsrahmen – also auch nebenbei, en-passant (vgl. Jost Reischmann), non-formal oder informell. Gerade im Zuge der zunehmenden Technisierung ist es ein Leichtes, den Anschluss zu verlieren und „Bildungsverlierer“ zu werden. Ist man einmal abgehangen, so klafft die Lücke zur Möglichkeit aktiver gesellschaftlicher Teilhabe immer größer. Demgegenüber spricht der Wissenschaftler Karlheinz Geißler bereits 1996 von „Lernen: lebenslänglich“. Damit gibt er der Entwicklung unter dem Aspekt des Zwangs kontra. Man ist quasi dazu „verdonnert“ sich weiterzubilden. Damit schiebt auch der Staat die Verantwortung der Aufrechterhaltung eines Bildungsstandards auf den Bürger, der sich dann selbst darum zu kümmern hat, dass er den Anschluss nicht verliert.

Was bieten mir die VHSen?

Die VHSen bieten in diesem Zusammenhang eine Plattform, um den Anschluss nicht zu verlieren. Stete Weiterbildung (natürlich auch ohne EDV) ist die Grundlage für geschmeidiges denken, Kritikfähigkeit, Selbstbewusstsein und vor allem (geistige) Gesundheit.

Daher bitte ich dich, als Leser dieses Beitrags, dich dem Kursprogramm deiner VHS anzunehmen. Stay tuned!

Software vs. Realität

Irgendwie entsteht beim Bedienen einer Software oft eine gewisse Unzufriedenheit. Selten erfüllt ein Programm genau meine Bedürfnisse oder verhält sich so, wie ich es erwarte.

TL;DR

  • Software ist modellbasiert
  • Unsere Realität ist ein höchst komplexes und unerschöpfliches Mysterium
  • Software kann unmöglich unsere Realität abbilden
  • Software kann unmöglich gänzlich unsere Erwartungen erfüllen

Das Märchen vom perfekten Programm

Wenn ich als Softwareentwickler das Ziel habe, ein perfektes Programm zu entwickeln, so scheitert das Projekt bereits an dieser Illusion. Die Realität mit all ihren Facetten ist in Software schlicht nicht abbildbar.

Die Abstraktheit von Software

Softwareentwicklung selbst spielt sich in einem recht abstrakten Raum ab. Irgendwann kam einmal jemand (z.B. Konrad Zuse) auf die Idee, basierend auf Stromimpulsen (heute die Zustände 0 und 1 bzw. „Strom an“ und „Strom aus“) diverse Algorithmen ablaufen zu lassen. Basierend auf dieser Idee wird heute Software entwickelt. Der Unterschied ist, dass wir heute mithilfe der höheren Programmiersprachen schon beinahe Fließtexte schreiben können und nicht mit 0en und 1en hantieren müssen.

Abstrakte Realität?

Mit dieser abstrakten Ebene ist es unmöglich, all die Zustände abzubilden, die es in unserer Umwelt zu finden gibt. Beispielsweise kann Facebook wohl kaum all die Facetten von „Freund sein“ abbilden, die wir uns vorstellen können. Selbstverständlich ist nicht jeder „Facebook-Freund“ ein echter Freund. Würde Facebook den Anspruch erheben wollen, all diese Facetten von

  • „keine Ahnung, wer das ist aber ich klicke mal auf Freundeseinladung annehmen“ über
  • „ja, schonmal gesehen“ und
  • „ja, schonmal gemeinsam auf einer Party unterhalten“ bis hin zu „mit dem kann ich Pferde stehlen“
abzubilden, dann würden die Entwickler nie fertig und die Rechenleistung nie stark genug werden. Und dabei habe ich die Schwankungen in den Beziehungen noch vernachlässigt, schließlich kann ich mich auch mit meinem besten Freund von damals heute auseinander gelebt haben.

Das Leben im MOdell

Im Umkehrschluss müssten wir also unsere Realität soweit reduzieren, sodass sie in ein abstraktes Modell passt, bei dessen Beschreibung man ein Ende finden kann.

Aber wer will das schon? Wenn ich in meiner Realität nur die Unterscheidung von Freund ja oder Freund nein hätte: Wie viele Urlaubskarten müsste ich dann schreiben oder wie viele Personen würde ich dann zu meiner Geburtstagsfeier einladen müssen?

Die unmöglichen Erwartungen an Software

Als Auftraggeber, sowie als Nutzer von Software müsste man daher auch seine Vorstellungen auf ein möglichst einfach abbildbares Modell reduzieren, welches in Software gegossen werden kann. Das wiederum kann man als Softwareentwickler nicht erwarten, da Menschen nun mal Menschen sind und das auch gern bleiben dürfen.

Da es in absehbarer Zukunft wohl auch mit Quanten-Computern, die mehr Zustände (als 0 und 1) nativ abbilden können, wohl unmöglich bleibt die Realität in Gänze abzubilden, kann eine Software für Menschen wohl nur ein Kompromiss sein und bleiben.